Montag, 5. März 2012

Überlegungen

Am vergangenen Freitag konnte ich den Urban Arrow Probe fahren. Ermöglicht hat’s das Internet, die alte Sau. Denn: Patrick war bei der Suche nach “Urban Arrow” auf meinen Blog gestoßen und hatte sich über die Kommentare mit mir in Verbindung gesetzt. Er hat es – im Gegensatz zu mir – gewagt, die Katze im Sack zu kaufen und das Rad einfach bestellt.

Am Sonntag zuvor hatte er es geliefert bekommen, und nur fünf Tage später schon durfte ich einen Blick darauf werfen. Und plage mich seither mit dem Gedanken, ob ich auch eins haben will, oder nicht.

Das ist nicht ganz richtig. Ich plage mich mit dem Gedanken, ob ich ein Urban Arrow kaufen soll. Haben will ich ihn sowieso.

Urban Arrow
Bislang fahren wir Gazelle Cabby. Daher bin ich zumindest generell mit dem Bakfiets vom Typ Long John vertraut. Aber da hört die Möglichkeit, Vergleiche zu ziehen, auch schon auf.

Sehr wichtig ist mir der Fahrkomfort. Ich möchte nicht wie der Affe auf dem Schleifstein im Sattel hängen, wie ich mir das zum Beispiel beim Bullit Lastenrad vorstellen würde. Ich möchte wie auf einem guten Hollandrad bequem und aufrecht sitzen und elegant durch die Landschaft rollen.

Das ist mit dem Urban Arrow auf jeden Fall gewährleistet. Sattelstütze und Lenkstange stehen geneigt, ich kann bequem platz nehmen und fahren.

Das Urban Arrow hat vorn und hinten Balloon Tyres von Schwalbe. Erst vor ein paar Tagen habe ich gelernt, dass es dabei nicht nur um die Optik geht, sondern auch um den Fahrkomfort – diese Reifen haben einen deutlich niedrigeren Druck als normale Fahrradreifen und federn so Stöße ab – effizienter tut dies nur eine mechanische Vollfederung des Rades, was bei der Rahmenform des Urban Arrow aber kaum in Frage kommt.

Insgesamt ist das Rad hochwertig verarbeitet. Das muss es auch sein, denn ein Alu-Rahmen stellt höhere Ansprüche an den Schweißer als eine Stahlrohrkonstruktion. Sämtliche Züge führen in die Lenksäule und laufen von dort im Rahmen weiter, ein sehr edles Detail, zumal die Schaltung an diesem Rad zwei Drähte hat, dazu gleich mehr.

Aufgrund des verwendeten Aluminiums ist der Rahmen des Urban Arrow sehr steif, dadurch hatte ich im direkten Vergleich zum Cabby – trotz der Balloon Tyres – das Gefühl, es läge härter auf der Straße. Allerdings bin ich bei meiner kurzen Testrunde auch fast durchgängig jenseits der 20 Stundenkilometer gefahren, eine Geschwindigkeit, die man auf dem Cabby allemal mit Rückenwind oder bergab erreicht, ohne sich total abzustrampeln.

Geschaltet wird über die NuVinci 360 Nabe, eine vollkommen stufenlose Schaltung. Es stimmt zwar, dass diese Nabe die einzige Schaltung überhaupt ist, die wirklich und wahrhaftig bedenkenlos unter Last geschaltet werden darf, allerdings ist das Schalten, oder sagen wir besser Einstellen, da es ja keine festen Gang-Abstufungen gibt, ohne Last deutlich leichter, als beim Treten. Davon abgesehen fühlt sich das Getriebe beim Fahren ganz normal an. Die Berichte, beim Anfahren würde die Kraftübertragung zunächst ein bisschen “schwimmen”, kann ich nicht bestätigen.

Die Box des Urban Arrow ist im Vergleich zum Cabby höher und schmaler. Vermutlich ist sie auch etwas länger, da ich ein Foto des Urban Arrow neben einem Bakfiets.nl CargoBike long kenne, aber dazu habe ich keine exakten Daten. Mein größter Kritikpunkt ist im Moment die Unterbringung eines Maxi Cosi in der Box, die gefederte Aufhängung im Cabby gefällt mir sehr gut, ich weiß allerdings noch nicht exakt, wie die Babyschale im Urban Arrow untergebracht wird. Der Händler aus Bussum hat eine ganz interessante Variante Marke Eigenbau im Angebot, allerdings würde ich die auch noch selbst hinbekommen, notfalls mit Hilfe von 123rad.

Der Motor sitzt beim Urban Arrow im Kettenkasten und wirkt auf die Pedale. Durch einen Drehmomentsensor gibt der Motor nahezu im gleichen Augenblick Unterstützung, in dem man in die Pedale tritt, anders als bei herkömmlicher Pedelec-Sensorik, die erst ein oder zwei Pedalumdrehungen verzögert reagiert.

Das ist das absolute Plus des Urban Arrow und macht es zu einer Rakete. Schon das Anfahren aus dem Stand geschieht in der niedrigsten Unterstützungsstufe überraschend schnell, hier ist der Punkt erreicht, wo jeder Vergleich mit anderen Rädern ins leere läuft.

Noch ein kleiner Vorteil: herkömmliche Pedelecs brauchen zur Sicherheit einen zusätzlichen Sensor an den Bremsen, damit der Motor nicht noch weiter zieht, wenn man eigentlich anhalten will. Beim Urban Arrow ist das nicht nötig, da der Motor immer genau Bescheid weiß, ob er ziehen muss oder nicht.

Bei meiner kleinen Testrunde begleitete mich Patrick auf einem normalen Pedelec, und auf einem Teilstück fuhr ich auf dem Radweg, er auf der Straße. Ein Auto hupte ihn beiseite, was er allerdings nicht wirklich einsehen wollte: wir befanden uns in einer 30-Zone und sein Tacho zeigte 33. Ich fuhr ziemlich unangestrengt mit. Auf Stufe 1 von 3.

Es könnte also sein, dass Urban Arrow fahren Stress bedeutet. Denn auf dem Weg die Hammer Straße stadteinwärts muss ich schon jetzt so manchen Radfahrer beiseite klingeln. Ich gehöre zu den Menschen, die das Rad benutzen, um schnell von A nach B zu kommen, nicht zu denen, die innerstädtisch radwandern. Zudem rechnet kaum jemand mit einem Lastenrad mit 30 Sachen auf dem Radweg.

Fassen wir kurz zusammen, was sich nicht zusammen fassen lässt. Ich finde das Urban Arrow nach wie vor unheimlich geil. Ich will es haben, wie ich damals ein iPhone haben wollte (und dann auch noch der Rahmen in weiß…). Doch im Moment schlage ich noch nicht zu, da mich verschiedene Punkte, hauptsächlich die ungeklärte Frage rund um den Maxi Cosi, noch davon abhalten. Allerdings hält mich das nicht davon ab, intensiv zu versuchen, diese Wissenslücken und Probleme auszuräumen, und dann, und dann … sieht’s eventuell schlecht aus für mein Sparkonto.

Vielleicht sollte ich die nächste Stunde nutzen, um einen Formbrief für eventuelle Sponsoren zu gestalten. Ihr erinnert euch, ich hatte den Plan, auf den Seitenflächen der Box Werbung zu platzieren? Die Stadtwerke haben mir ja abgesagt, was schade ist, da ich ein “Ich fahre mit Ökostrom” auf der Bakfiets am passendsten gefunden hätte, aber auch jede andere Marke oder Firma mit der gewissen Relation, also zum Beispiel einem Bio-Supermarkt oder ähnliches, wäre mir recht.

In der Folge habe ich dann eventuell im Sommer auch ein Gazelle Cabby zu verkaufen, top in Schuss und ab übermorgen auch offiziell generalüberholt.

Weitere Verkäufe im Rahmen eines Finanzierungsplans sind nicht auszuschließen. Jemand Interesse an einer AR.Drone?

(PS: die “Fakten”, die ich zur Verarbeitung und dergleichen anführe, leite ich aus allem, was ich weiß, und meiner eigenen Logik ab. Ich bin allerdings kein Ingenieur. Sollte ich grobe Fehler oder Unwahrheiten eingebaut haben, gerne in meinem eigenen Interesse mit mir schimpfen. Dazu sind die Kommentare da.)