Dienstag, 15. April 2014

Bakfietstreffen 2014 in Nijmegen


Die schöne Stadt Nijmegen an der Waal hat etwas, das Münster noch fehlt: das Bakfietstreffen. Am vergangenen Wochenende war es zum dritten Mal so weit, am Samstag gab es eine Konferenz mit Gründung der European Cycle Logistics Federation (ECLF), am Sonntag gab es ein Festival mit Lastenradschau und Parade - das habe ich mir diesmal nicht entgehen lassen, meinen ältesten Sohn und unser Bellabike in den Ford Transit vom Car Sharing gepackt mich auf den Weg nach Holland gemacht.


Veranstaltungsort waren die Fabrikhallen und das Gelände einer alten Spinnerei, genannt "Cultuurspinnerij De Vasim". Für uns begann der Tag allerdings direkt mit der Lastenrad-Parade, zu der sich ab 11:30 Uhr die Teilnehmer auf dem "Grote Markt" in der Innenstadt, ein paar Kilometer weiter, versammelten.

Alle Lastenräder sind schon da - und Julius mittendrin.

Trotz aller Statistiken, die ich abrufen kann (und die dem Bakfietsblog für den März eine Rekord-Reichweite bescheinigen), macht es mich immer wieder total baff und glücklich, wie viele Menschen uns schon kennen und auch ihre Fragen zu allen Themen rund ums Lastenrad stellen.

Auf dem "Grote Markt" traf ich Eric vom Leipziger (Lasten-)Fahrradladen rad3 erstmals persönlich, und auch der Herr (ich bin sooooo schlecht darin, mir Namen zu merken) von Velogold in Hannover wusste schon Bescheid, wer ich bin.

Weil @cm_altona gefragt hat: der fahrende Baum


Währenddessen wurde auch das Bellabike von allen Seiten bestaunt - wir waren tatsächlich die einzigen mit einem Bellabike und damit ebenfalls in Sachen Hinterradlenkung. Das ließ auch die Cargo Bike Fans Berlin nicht kalt, die ihr Achtrad mitgebracht hatten.

XYZ - Ein Rad nach dem Baukastenprinzip


Die Parade setzte sich in Bewegung, da gab es einiges zu sehen. Urban Arrow, Bakfiets, 't Mannetje, Bullit, Veleon, Babboe, Radkutsche, XYZ, Nihola, Butchers and Bicycles, dazu ein fahrender Baum, ein paar Gruppenräder (die hierzulande den eher schmählichen Beinamen "Bierbikes" tragen würden), verschiedenste Rikschas und viele, viele mehr.

Kurze Pause.


Bei einem weiteren Stopp kam Tom von Douze zu uns herüber, der das Bellabike erkannt hatte. Natürlich waren auch ein paar Douze Messenger mit der Parade unterwegs, und wir unterhielten uns ein wenig über Fahrradkultur in Frankreich und Deutschland.

Anführer der Lastenradparade und Quell großer Freude für Julius


Weiter ging's, mein Sohn Julius staunte nicht schlecht, besonders angetan hatte es ihm ein Mann auf einem Hochrad. Er hatte beobachtet, wie sich der Fahrer beim vorangegangenen Stopp an einer hohen Mülltonne Halt gesucht hatte und schlussfolgerte nun mit der bezaubernden Logik eines Vierjährigen, dass der Mann zweifelsohne auch zuhause so eine Mülltonne haben müsse, sonst käme er schließlich niemals auf sein Rad hinauf oder hinunter.

In guter Gesellschaft :)
Auf den letzten Metern fuhr ein Veleon aus Dinslaken (mutmaßlich von Tetrion Spezialräder?) neben uns, und Julius und das Mädchen darin reichten einander bei der Fahrt die Hände und freuten sich diebisch. Den Rest des Nachmittags waren die beiden immer wieder zusammen unterwegs, und Julius flüsterte mir zwischendurch verstohlen ins Ohr: "Du Papa! Gleich frage ich, ob sie meine Freundin sein möchte!"

Wir erreichten die Cultuurspinnerij und verbrachten einen vergnüglichen Nachmittag. Julius und seine neue Freundin probierten nahezu die ganze Zeit, die Steile Böschung unterhalb der Autobahnbrücke, die einen Teil des Geländes überspannt, zu erklimmen, was ich kaum mit ansehen konnte, und doch passierte den beiden überhaupt nichts, stattdessen ähnelten ihre Kletterkünste denen der Bergziege.

Ich traf Wytze van Mansum, den Designer des Urban Arrow, und begutachtete mit ihm zusammen die neuen Pferde im Stall UA. Es gab unter anderem eine extra lange Version sowie einen Prototypen des lang erwarteten Dreirades zu sehen und zu fahren.

Bastelei bei Urban Arrow

Während die verlängerte Version auf Anfrage von Kurierfahrern entstanden ist (und erstaunlich einfach zu handhaben), sah der modulare Rahmen der Urban Arrow Familie von Anfang an vor, das Spektrum später um ein Dreirad zu erweitern. Optisch ist an dem Prototypen sicherlich noch zu feilen, wenn er sich dann allerdings so großartig fährt, wie hier geschehen, dürfen wir ein fantastisches Rad erwarten. Dreiräder mit Neigetechnik: mit dem Veleon, dem Butchers and Bicycles Mk1 und diesem Prototypen scheint der heimliche Trend der Lastenräder gesetzt.

Dazu gibt es ein neues Rad speziell für Pizza-Dienste. Spätestens seit Snow Crash weiß der geneigte Science Fiction Leser, dass Pizza ausliefern kein Spaß ist, daher hat das Urban Arrow Cutie alles, was das Herz des "Auslieferators" begehrt - und vielleicht sogar etwas mehr, denn die Smartphone-Anbindung, die mir stolz vorgeführt wurde, war sogar mir als erklärtem Geek mit Smartwatch irgendwie zu viel. Mein Fahrrad muss nicht vernetzt sein. Erstaunliche Erkenntnis.

Die erste Generation des Douze Messenger


Auch den Douze Messenger konnte ich endlich ausprobieren. Bislang kannte ich das Rad nur von Fotos, fand es aber von Anfang an umwerfend schön - die Form des Rahmens ist einzigartig und das Rad in der neuesten Generation nicht nur ohne Werkzeug zerlegbar, um es beispielsweise im Zug transportieren zu können, sondern auch mit Seilzügen gelenkt. Dabei kommen vier Stahlseile zum Einsatz, die jeweils 400 Kilogramm tragen können - damit sollten Sicherheitsbedenken ausgeräumt sein. Und wie wandte Jorrit von Urban Arrow zurecht ein: auch in Flugzeugen wird bisweilen so gesteuert.

Danach noch eine kurze Runde im Butchers and Bicycles Mk1. Diesem Rad wende ich mich im nächsten Eintrag zu, denn die Jungs aus Kopenhagen erwiesen mir am Montag nach dem Bakfietstreffen die Ehre eines persönlichen Besuches in Münster, wo ich das Rad ganz ausführlich unter die Lupe nehmen konnte.

Julius im Butchers and Bicycles Mk1


Noch viel mehr gab es zu sehen, zum Beispiel die Räder von Metrofiets aus den USA. Optisches Merkmal hier ist das große Vorderrad. Wo die anderen Lastenräder vom Typ Long John meist ein 20 Zoll Laufrad haben, gibt es beim Metrofiets zwei ausgewachsene Laufräder.

Eine Metrofiets vor einer langen Reihe Bullits.


Und auf dem Achtrad wurde zwischenzeitlich ein Klavier spazieren gefahren, während ein Mann auf einem Liegerad einen etwa 20 Meter langen, einer Ziehharmonika ähnelnden Anhänger auf der Teststrecke im Kreis zog. Ein wunderbarer Nachmittag, der Termin im nächsten Jahr ist hiermit fest gebucht.

Die Band macht Pause - und das Achtrad auch.


Darüber hinaus kann ich das Cargo Bike Festival jedem ans Herz legen. Für Unterhaltung und Verpflegung ist gesorgt, und so ziemlich jedes Rad kann ausprobiert werden - das sollte sich kein Lastenradfreund entgehen lassen. Münster braucht auch ein Lastenradtreffen. Wir probieren es vorerst mal "im Windschatten" der Critical Mass. Mal schauen, wie viele Lastenräder wir da zusammen bekommen.