Die letzten vier Monate lag der "Leezenflow" auf meinem Arbeitsweg. Moment. Der WAS?
Ein kasten mit LED, der den Radverkehr auf der Promenade verbessern soll. Etwa 130 Meter, bevor die Promenade Die Hörsterstraße in nördlicher Richtung kreuzt, hat die Stadt Münster einen schwarzen Kasten aufgehängt.
Laut Beschreibung im Internet sei der Leezenflow ein "Grüne-Welle-Assistent", aber als ich diese Bezeichnung zuletzt auf Twitter in einem Thread übernahm, musste ich mir erklären lassen, das stimme gar nicht.
Und tatsächlich, mit einer "Grünen Welle", so wie ich sie kenne, hat das Ding auch tatsächlich nicht viel zu tun. In Gronau, wo meine Großeltern lebten, gab es eine "Grüne Welle". Dort stand ein Schild: "Grüne Welle bei 50km".
Und ähnlich könnte der Leezenflow ja auch funktionieren. Auch wenn auf der Promenade keine Höchst- oder Richtgeschwindigkeit für den Radverkehr gilt, könnten wir relativ einfach eine Durchschnittsgeschwindigkeit zugrunde legen. In Kopenhagen wird das zum Beispiel einfach gemacht, dort wird von 17 Stundenkilometern ausgegangen.
Auf dieser Grundlage könnte der Leezenflow den Radfahrenden also "grün" anzeigen, wenn sie davon ausgehen können, an der folgenden Ampel auch bei "grün" kreuzen zu können.
Aber das tut er nicht.
Stattdessen springt der Leezenflow nahezu gleichzeitig mit der korrespondierenden Ampel auf "rot" und auch wieder auf "grün". Zwar zeigt das Display einen kleiner werdenden Balken und darunter ein Fahrrad, das zum Ende hin schneller aussieht, aber wirklich ablesen, wie lange noch "grün" ist, lässt sich aus dieser Anzeige nicht.
Mehr noch, die eigentliche Ampel ist vom Leezenflow aus bereits sichtbar, ich weiß also genau so viel, wenn ich auf die Ampel schaue, wie wenn ich mir den Leezenflow ansehe.
Dazu kommt, dass die Ampel, um die es geht, eine Busvorrangsschaltung hat. Nähert sich ein Linienbus, verkürzt sich die Rotphase für den Kraftverkehr.
Fassen wir es kurz zusammen, der Leezenflow ist vollständig sinnfrei. Die Stadt hat eine Studie beauftragt, die herausgefunden haben will, dass sich die Anzahl der Radfahrenden, die ohne anzuhalten die Hörsterstraße queren konnten, um 2,5 Prozentpunkte erhöht habe. Zum einen ist das meiner Ansicht nach keine signifikante Steigerung, zum anderen stellen sich mir bei Ansicht der Studie sofort viele, viele Fragen zur Methodik.
So wollen sie zum Beispiel erkannt haben, ob Radfahrende Blickkontakt zum Leezenflow aufgenommen haben. Weder kann ich mir vorstellen, wie das zuverlässig gemessen werden sollte, noch ist es aussagekräftig: vielleicht (oder wahrscheinlich?) sahen die Radfahrenden auch nur das bunte Licht und dachten sich: "HÄ?"
Die Stadt Münster findet es aber natürlich toll, denn es ist eine Maßnahme, die augenscheinlich für den Radverkehr getroffen wird und gleichzeitig den MIV überhaupt nicht beeinträchtigt. So etwas passt hervorragend ins Konzept der Nenn-Mich-Nicht-Fahrradstadt.
Und so wurden bereits weitere Standorte auserkoren und sechsstellige Summen sollen ausgegeben werden, um weitere Leezenflows zu installieren. Gleichzeitig wird das System in weitere Städte exportiert.
Und das, obwohl der original Prototyp weiterhin ohne jegliche Funktion an der Promenade hängt. Ghyle.